Jurassic SS 1999

WER HAT AN DER UHR GEDREHT?


Die Stadtführung von und mit Professor H.-J. Becker

Wer schon der Vorlesung „Einführung in die Rechtsgeschichte" von Prof. H.J. Becker lauschen durfte, vielleicht sogar ohne den Gedanken an eine Klausur am Ende des Semesters, konnte sich am Fachwissen des Vortragenden gerade in Bezug auf die Regensburger Geschichte erfreuen und sich sozusagen die Rosinen im Vortrag herauspicken.

Das Wissen nicht nur im stickigen Hörsaal, sondern auch an der frischen Luft vor Ort, live, zu erleben, dazu bot sich die Möglichkeit am 17. Mai diesen Jahres. Aus der Vorlesung ahnend, was zu erwarten war, hatte sich eine große Anzahl von Studenten eingefunden. Pünktlich setzte sich die Gruppe zur anfänglichen Enttäuschung nicht etwa zu „Origi-nal-schauplätzen", sondern in Richtung Museum in Bewegung. Die Möglichkeiten, die dieses hatte, wurden jedoch weitestgehend unterschätzt.

Das Museum war gerade (zum Teil befindet es sich jetzt noch im Umbau) auf den neuesten Stand der Präsentationstechnik gebracht worden, so daß Prof. Becker anhand eines Holzmodells des mittelalterlichen Regensburgs und eines Übersichtplans desselben, auf dem man die Stadtentwicklung anhand verschiedener Lichteffekte sichtbar machen konnte, den interessierten Zuhörern eine Menge Laufarbeit ersparte und dennoch einen detaillierten Überblick geben konnte. Im übrigen sogar gänzlich ungestört, da das Museum an diesem Montag extra für die Gruppe geöffnet wurde, wofür der sich „Stadtführer" verantwortlich zeichnete. Von dem Modell ging es dann ein wenig mehr ins Detail, denn wir besichtigten die Ausstellung im oberen Museumsbereich, natürlich auch hier nicht ohne fachkundige Erläuterungen durch Prof. Becker und den Museumsleiter. Hier wurde besonders über die Grenzen Regensburgs und das Zunftwesen referiert.

Leider schon unter Zeitdruck stehend, verließ die Führung das Museum, nachdem nur ein kleiner Teil der Ausstellung besichtigt worden war, und machte sich auf, jetzt wirklich direkt vor Ort, die Fragstatt im Keller des alten Rathauses zu besichtigen. Auf dem Weg dorthin tat man gut, in der Hörweite des Leitenden zu bleiben, denn sozusagen im Vorbeigehen wurden noch erwähnenswerte Skulpturen und Gebäude erklärt und zur weiteren Besichtigung empfohlen. Leider zerstreute sich die Gruppe schon auf dem Weg, so daß nicht alle den Weg in das kühle Gewölbe der Fragstatt fanden. Dort erklärte Prof. Becker ziemlich detailliert die einzelnen Bestrafungsarten und –gerätschaften. Die größte Faszination übten aber die Instrumente in der eigentlichen Fragstatt aus. Streckbank, Nagelsitz und eine Vorrichtung zum strecken des Delinquenten in senkrechter Position ließen neben lauten angewiderten und schauernden Rufen auch leise nach der guten alten Zeit des Mittelalters aufkommen... Auch war hier die Position der Juristen interessant. Der weitaus größere Anteil nahm früher nicht auf den Foltergeräten, sondern gut getarnt hinter einem Sichtschutz bei der Befragung der Gefangenen Platz. Dieser war sonst Mangelware in den Zellen und Kerkern, die direkt neben oder zumindest in Hörweite der Fragstatt lagen, wie man sich nach dem Vortrag des Professors selbst überzeugen konnte. Leider war nach dem Besuch der Fragstatt die Führung schon beendet, da aufgrund vieler am selben Abend stattfindenden Tutorien ein großer Teil der Zuhörer sich wieder gen Uni aufmachte. Für diejenigen, die nicht so sehr unter Zeitdruck standen, klang der Abend im Gespräch mit Professor Becker im Biergarten aus.

Wünschenswert wäre es, eine solche Veranstaltung noch einmal zu wiederholen, jedoch ohne den diesmal leider bestimmenden Zeitfaktor im Nacken, so daß der normale Student von Regensburg mehr erfährt, als wo man günstig einkauft und gut trinkt.

mn


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letzte Aktualisierung: 23. August 1999