Jurassic SS 1999

GEDANKEN ZUM BUCH „WÜSTENBLUME" VON WARIS DIRIE


Am Anfang dieses Artikels möchte ich darauf hinweisen, daß dies keine wissenschaftliche Abhandlung ist. Ich möchte keinen Glauben hinterfragen oder gar werten. Ich bin nicht feindlich gegenüber dem männlichen Geschlecht eingestellt, aber es ist bei dem Thema dieses Artikels sicher verständlich, daß diese Umstände gerade Frauen emotional hart treffen.

In letzter Zeit ist das Thema über Gewalt an Frauen wieder öfter zur Sprache gekommen. Es ist schwer, Männer auf solche Probleme aufmerksam zu machen, welche allgemein auch die Gleichberechtigung der Frau in der heutigen Gesellschaft betreffen. Sie glauben nämlich nicht mehr an die Unterschiede, die zwischen beiden Geschlechtern immer noch bestehen. Für Frauen ist es schwerer einen Job zu bekommen, da sie Kinder bekommen können und für den Arbeitgeber daher Kosten bedeuten. Noch schlimmer ist aber die Gewalt der Männer gegenüber Frauen, die auch heute noch bestehend ist. Im westlichen Europa und Nordamerika ist das vielleicht kein so großes Problem, denn ich denke, daß es heute genug Anlaufstellen für eine Frau gibt, wo sie Hilfe erlangen kann, wenn sie zum Beispiel von ihrem Ehemann geschlagen wird.

Dies ist jedoch kein Vergleich zu den Frauen, die sich in Afrika in jungen Jahren aus Glaubensgründen der Beschneidung unterziehen müssen, damit sie ihrem zukünftigen Ehemann „rein" übergeben werden können. Dieses Ritual hat Waris Dirie, ein afrikanisches Model, in ihrem Buch „Wüstenblume" für europäische Frauen sehr erschreckend beschrieben.

Der Autorin selbst wurden im Alter von 5 Jahren die Klitoris und inneren Schamlippen mit einer Glasscheibe, ohne Betäubung oder klinischer Sterilität, mitten in der Wüste entfernt. Die Frau, die ihr das antat war eine Zigeunerin, die sie später als Mörderin bezeichnete. Nach der Prozedur wurde sie mit Nadel und Faden wieder zugenäht. Nur eine winzige Öffnung für den Urin wurde ihr gelassen. Sie hatte wahnsinnige Schmerzen danach und während des Rituals. Sie mußte wochenlang in einem Zelt liegen, mit zusammen gebundenen Beinen, damit die Wunden nicht wieder aufreißen können.

Sicher fragt sich jeder jetzt, was für einen Zweck das ganze haben soll. Der Grund ist ziemlich schnell erklärt. Die Frauen sollen „rein" sein, wenn sie in die Ehe gehen und der Mann soll sich dessen auch sicher sein können!

Das ist genau der Punkt, der wütend und ärgerlich macht. Was gibt diesen Männern das Recht Frauen verstümmeln zu lassen, so daß sie ihr Leben lang unter den Folgen leiden müssen?

Diese Art der Beschneidung heißt „pharaonische Beschneidung", die bei 80% der Mädchen, die überhaupt beschnitten werden durchgeführt wird. Bei den restlichen werden mildere Beschneidungen durchgeführt, zum Beispiel „nur" das Entfernen der Klitorisspitze. Die Beschneidung wurde bisher bei 130 Millionen Mädchen praktiziert und jedes Jahr kommen 2 Millionen dazu. Viele sterben , denn es gibt keine Betäubung und die Instrumente, die dazu benutzt werden sind Rasierklingen, Messer, Scheren, Glasscheiben, scharfe Steine und sogar die Zähne.

Das diese Frauen nie wieder ein „normales" Leben führen können, ist offensichtlich, viele tragen schwere gesundheitliche Folgeschäden davon, soweit sie nicht schon aufgrund der mangelnden Sterilität sterben.

An diesem Punkt stellt sich die Frage: Warum das alles?

Diese Brauchtümer sind überholt und Menschenverachtend. In den U.S.A wurden in einigen Bundesstaaten schon Gesetze erlassen, welche die Beschneidung verbieten. Das ist auch notwendig, denn die Rituale aus den Familien werden weitergegeben und aus diesen Gründen auch in den Industrienationen praktiziert. Allein in New York wurden schon 27.000 junge Mädchen beschnitten.

Frauen und Männer sind Menschen. Sie sollten gleiche Rechte haben und diese auch ausleben können. Nur zum Vergleich könnte man die „pharaonische Beschneidung" bei den Frauen mit der Entfernung der gesamten Eichel beim Mann vergleichen. Sicher kann sich diese Schmerzen jeder Mann dann auch einigermaßen vorstellen.

Es sind keine Märchen, die hier erzählt werden. Das ist Realität und man muß etwas gegen die Verstümmelung der Frauen tun, jedoch ist das schwierig, weil sie selbst nicht wissen, daß ihnen Unrecht getan wird. Die meisten kennen nichts anderes, als ihre Familie, also keine westliche Zivilisation und Bildung. Sie wissen nicht, wie es sein könnte ohne dieses grausame Ritual. Deshalb ist Aufklärung der erste Schritt und schon allein der wird schwer.

Sie erkennen nämlich erst, daß sie „anders" sind, wenn sie Kontakt zur Außenwelt erhalten. Mit der Außenwelt ist gemeint, daß es auch Menschen außerhalb der Familie gibt, die anders leben können und keinem Mann vom Vater versprochen werden, weil er dann vielleicht zehn Kamele erhält.

Es sind Menschenrechtsverletzungen, Frauen zu beschneiden. Diese müssen unterbunden werden. Mit diesem Artikel soll lediglich auf solche Probleme aufmerksam gemacht werden. Denn es ist nicht überall so wie hier in Deutschland und es ist hier nur allzu leicht diese Dinge einfach zu vergessen.

khe


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letzte Aktualisierung: 23. August 1999