Jurassic WS 1998/99

ZWISCHEN HIMMEL UND HÖLLE


Domführung der Fachschaft/USV am 4.12.98


Kalt ist‘s als sich die exklusive Gruppe vor dem Wahrzeichen Regensburgs sammelt, dem imposanten Dom, dessen Ursprünge im 12 Jhd liegen. Zunächst der kurze Blick auf die Fassade als man (und frau) sich draußen trifft: grimmige Wasserspeier grienen auf uns herab, darüber die (erstmals seit über vier Jahren) unverhüllten majestätischen Domtürme.

Doch die Ungewöhnlichkeit dieses Anblicks ist uns gar nicht bewußt. Vielmehr wollen wir von der kalten Straße in die vermeintlich warme Kirche. Doch leider hat man beim Bau nicht an uns verweichlichte Neuzeitmenschen gedacht, denn das Kirchenschiff ist eine Gefriertruhe im Gegensatz zum Kühlschrank draußen. Deshalb zögern wir nicht lange, und unser kirchlich geprüfter Domführer Arnim leitet uns zunächst in den Chorstuhl, direkt am Hochaltar. Mehr oder weniger zitternd lauschen wir seinen Ausführungen über die Entstehungsgeschichte des Doms und seines Inventars. Gleichzeitig flicht Arnim kurze Passagen der Stadtgeschichte mit ein, ähnlich wie Prof. H.-J. Becker es zu tun pflegt. Die Auseinandersetzungen des Bischofs mit dem Herzog und die dieser beiden mit den Händlern und Bürgern, die daraus entstehenden Verzögerungen beim Dombau, aber auch wie die Geschichte sich in den Relikten in ihm wiederspiegelt (Wie kommen die Kanonen in den Dom ..... ?).
Langer Rede, interessanter Sinn, doch soll diese Führung nicht passiv sein, also hoch aus dem gemütlichen Holzgestühl und ab ins 3D-Vergnügen. Der übliche Rundgang schließt sich an, doch zum Glück werden wir nicht mit Daten zugeworfen, vielmehr zeigt Arnim uns, warum dies kein gewöhnlicher Dom ist und wie viele Tricks die alten Dombaumeister draufhatten. Vom eingebauten röm. Brunnen im Dom bis zum Aufzug gibt es hier (fast) alles zu bestaunen. Allein die zum Teil aus gefärbtem Glas zusammengesetzten Fenster aus dem 13.Jhd. bieten genug für eine lange Betrachtung ( sie würden ausgelegt eine Fläche von 880 m2 bedecken), zudem noch einige „Verschönerungen" durch Ludwig I. anzumerken sind. Daß man dieses alles noch bewundern kann, wie die Kirche vor der Ausbombung Ende des 2.Weltkrieges bewahrt wurde, auch das ist eine hörenswerte Geschichte. Nicht nur vor Bomben ist der Dom sicher, auch schon lange vorher war der Schutz des Domes perfekt: nicht einmal vor Dämonen und dem Teufel braucht man sich zu fürchten: von den Wasserspeiern draußen auf dem Dom (zu denen sich noch ein Äffchen gesellt, mal genau hinsehen!), bis zu dem durchdachten Teufelsspiegel ist die Abwehr genau durchdacht.
Der Teufel im Spiegel? Und das im Dom? Tja, und das ist noch nicht alles, man kann sogar dem Bösen direkt ins Antlitz schauen.... (Wer traut sich ???) Dieser Dom ist wirklich etwas ungewöhnlich, dämmert uns langsam, da schockiert auch nicht mehr das Liebespärchen (nicht umsonst hatte Regensburg ein Nonnen- und ein Mönchs-Kloster...) oder der lachende Engel, der die Kirche weniger schwer und ernst wirken läßt...

Trotz fesselnder Ausführungen werden uns unsere Füße langsam wieder bewußt, die sich schon dem Erfrierungstode hingegeben haben. Auch unserem Domkenner wird allmählich kalt, doch gibt es noch die anderen zum Dom gehörenden Teile zu besichtigen. Nach kurzem Blick auf den Eselsturm und einem Ausflug in die Geschichte des Dombaus (Warum hat die Donau Strudel und wer ist der Beobachter auf der Steinernen Brücke?) geht‘s weiter in die ältesten Teile der Domumgebung, in den noch zur alten romanischen Kirche gehörigen Kreuzgang, hier wandeln wir auf den Gräbern (wortwörtlich) der alten Bischöfe und dürfen zum wiederholten Mal die erstaunliche Anpas-sungsfähigkeit der Regensburger bewundern, die immer getreu dem Grundsatz „Wir wissen nicht genau, wie es geht, aber ein Versuch schadet nichts„ alle Stile von Romanik bis Barock vermischten. Durch den Kreuzgang wandelnd erreichen wir zunächst den Domgarten, dann die Stephans-Kapelle mit den Originalbauzeichnugen und Entwürfen in Kopie zum Dombau und dem alten Hauptaltar der romanischen Kirche, an deren Stelle der heutige Dom steht. Wir kosten die Akustik dieses Raumes aus, schließlich geht’s aber weiter zur Allerheiligenkapelle, in der auch heute noch unglaublich gut erhaltenen Wandfresken zu bewundern sind. Leider werden wir durch die letzten Hilferufe unserer Füße bei der Betrach-tung beeinflußt, so daß wir in gewisser Weise dankbar sind, als Arnim seine Führung beschließt.

Jetzt geht’s ab zum Glühwein trinken (oder sollten wir ihn direkt auf die Füße kippen?). Leider sind nicht alle heiß auf Glühwein, es bleibt aber genug für den Rest um sich so richtig aufzuwärmen. Bei Plätzchen, Stollen und Lebkuchen wird die Domführung begossen, die allen viel Spaß gemacht hat.

Für alle die neugierig auf den Trip zwischen Himmel und Hölle geworden sind, bleibt die Empfehlung: Warm anziehen und eine Führung besuchen (2 DM), es lohnt sich allemal.

mn


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letzte Aktualisierung: 23. April 1999