Jurassic WS 1998/99

ICH WILL PROFESSOR WERDEN!


Mit der Berufswahl ist das ja immer so eine Sache: Während die einen immer noch darauf hoffen, sich als Lottomillionär in die Karibik absetzen zu können, streben andere eher einen Vorstandsposten bei der Daimler-Chrysler-AG an. Irgendwo dazwischen ist wohl die Sparte des „Universitäts-Pro-fessors" anzusetzen. Was man sich darunter vorstellen kann, weiß jeder Student bestens, nämlich eine Person, die Bücher auf Subskription und Weihnachtsgeschenke am 24. Dezember kauft. Wie eine solche Person hingegen an die eigene Uni kommt, das ist schon etwas schwieriger zu beschreiben.

Hilfreich ist dabei ein Blick ins Gesetz, genauer in Art. 56 des novellierten Bayerischen Hochschulgesetzes. Danach scheint ein Berufungsverfahren vom Prinzip her ganz einfach zu sein. Eine offene Stelle wird von der Hochschule ausgeschrieben, der Fachbereichsrat setzt einen Berufungsausschuß ein, der nach einigen Beratungen jenem eine Vorschlagsliste mit drei Namen vorlegt. Anschließend wird diese Liste von der Hochschule (Senat) abgesegnet und an den Staatsminister weitergeleitet, der einen der drei „Glücklichen" auf der Liste berufen kann.

Das Leben wäre jedoch langweilig, wenn auch in der Praxis immer alles so glatt laufen würde. Und so steckt ein kleiner Haken in Art. 56 II BayHSchG: „Vor der Ausschreibung prüft die Hochschule, ob die Wiederbesetzung der Stelle geboten ist." In Zeiten von Stellenkürzungen und Profilbildung der Universitäten bedeutet dies, daß die Fakultäten um jeden wiederzubesetzenden Lehr-stuhl erst einmal zittern müssen. Bisher ist unser Fachbereich noch recht glimpflich davon gekommen. Deshalb können wir nur hoffen, daß dies auch in Zukunft so bleiben wird und sich die Relation von Studenten und Professoren an unserer Fakultät nicht noch weiter verschlechtert.

Der Ausschreibung folgt natürlich das Auswahlverfahren. Anhand von Bewerbungs-unterlagen, Probevorträgen und persönlichen Gesprächen mit den Bewerbern können sich die einzelnen Mitglieder der Berufungskommission ein Urteil über die fachliche, pädagogische und persönliche Eignung machen. Besonders erfreulich ist hierbei, daß bei der Änderung des Hochschulgesetzes die studentischen Mitspracherechte gestärkt wurden. So dürfen die Studentenvertreter nicht nur wie bisher ein schriftliches Gutachten zu den einzelnen Bewerbern abgeben, sondern haben zusätzlich eine beratende Stimme im Berufungsausschuß. Zusammen mit der stärkeren Gewichtung der Lehre bei der Bewerbung (Art. 56 IV 8 BayH-SchG) ist dies also eine Neuerung, die es den Studenten ermöglicht, durch eine aktive Beteiligung am Meinungsbildungsprozeß die didaktischen Fähigkeiten der Bewerber deutlicher in die Bewertung einfließen zu lassen. Einfacher formuliert: „Herr Konfuzius" oder „Frau Langeweiler" werden sich in Zukunft hoffentlich ein wenig schwerer tun, auf die Vorschlagsliste gesetzt zu werden - und seien sie ordentliche Forscher.

Bleibt noch ein Punkt, der bisher von den Verantwortlichen kaum beachtet wurde: Vom Zeitpunkt an, in dem die Hochschule von dem Freiwerden einer Stelle für Professoren Kenntnis erhält oder in dem ein Professor die Altersgrenze erreicht, bis zum Einreichen der Vorschlagsliste beim Ministerium dürfen gesetzlich nicht mehr als sechs (bisher z.T. sieben) Monate verstreichen. Bedenkt man nun, daß der Auswahlprozeß erfahrungsgemäß mindestens ein Jahr dauert, so stellt man ein Diskrepanz von rund 6 Monaten fest.

Nun gäbe es theoretisch zwei Möglichkeiten, die gesetzlichen Fristen einzuhalten. Zum einen könnte man das Verfahren beschleunigen, was praktisch eher schwierig wäre, da ja nicht unbedingt der erste Bewerber auch der beste sein muß.

Zum anderen könnte man die Stelle früher ausschreiben, was im ersten Fall unmöglich (wer kann denn schon hellsehen), im zweiten Fall („Altersgrenze") in der Vergangenheit regelmäßig versäumt worden ist. Schade. Schade vor allem dann, wenn nach einem zu spät eingeleiteten Berufungsverfahren unglücklicherweise auch noch der unsichere Kandidat auf Platz eins der Liste den Ruf ablehnt. Dann hängen beispielsweise – wie erst dieses Semester geschehen - Studenten in der Luft, die nicht wissen, ob im folgenden Semester nun eine Wahlfach-grup-pen-veran-staltung an-geboten wird, oder solche, die den Sachverhalt der Ferien-hausarbeit später als erwartet erhalten. (Und mag letzteres im Nachhinein für manche auch Glück gewesen sein, weil auf die Schnelle nur noch ein Sachverhalt aus-ge-geben werden konnte, der bereits einige Jahre zuvor gestellt worden war.)

Ob es in diesem Zusammenhang wohl Zufall ist, daß Lehrstuhlvertretungen für die Universi-tät regelmäßig günstiger als Professoren sind und zudem vermehrt Übungen halten?

Man darf jedenfalls gespannt sein, wie sich die Berufungsverfahren gestalten werden, die unserer Fakultät momentan bevorstehen. Und das sind eine ganze Menge!

Zunächst wären da die Lehrstühle Rolinski und Kimminich, die immer noch vakant auf einen neuen Inhaber warten. Nachdem Prof. Streng aus Erlangen den Ruf an unsere Universität abgelehnt hat, hoffen wir darauf, daß von dem „Zweit-plazierten" Scheffler bald eine Zusage eintrifft. Vertreter an diesem Lehrstuhl wird im SS 1999 erneut PD Dr. Feuerhelm sein. Für den öffentlich-rechtlichen Lehrstuhl ging ein Ruf nach Berlin an Prof. Dr. Kunig. Die Entscheidung, ob er diesen auch annehmen wird, müßte ebenfalls in nächster Zeit fallen. Im kommenden Sommersemester vertritt an diesem Lehrstuhl PD Dr. Nolte.

Zum WS 1999/2000 ist daneben der Lehrstuhl Henrich und zum WS 2000/2001 der Lehrstuhl Schumann wiederzubesetzen. Zum Bedauern wohl vieler Regensburger Jura-Studenten hat sich zudem Prof. Dr. Hendler entschieden, den Ruf an die Universität Trier anzunehmen (Danke dennoch für Eure Teilnahme an der Unterschriftenaktion!). Folglich muß ein weiteres Berufungsverfahren eingeleitet werden. Aufgrund einer dreimonatigen Wiederbesetzungssperre wird es für Herrn Prof. Hendler keine Lehrstuhlvertretung geben. Deshalb wird zunächst nur ein Lehrauftrag für die Veranstaltung „Ver-waltungs-recht, Allgemeiner Teil" an Herrn Pilow vergeben.

Angesichts dieser personellen Wechsels bleibt nur zu hoffen, daß die neuen Professoren ihren Beruf samt all seiner Facetten mit Bedacht gewählt haben und eine gewisse Begeisterung hierfür mitbringen. Nur so können sie den Studenten das nötige Rüstzeug mitgeben, das diese benötigen, um selbst ihr Berufsziel zu erreichen. Und sei dies am Ende nur die Einsicht, es statt als Bundesverfassungsrichter vielleicht doch besser als Feuerwehrmann zu versuchen!

pw


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letzte Aktualisierung: 23. April 1999